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Gelebte Geschichte im Niederrheinischen Museum in Kevelaer

07.08.2020

Habt ihr Lust den Niederrhein mal von einer anderen Seite kennenzulernen, auf eine kleine Zeitreise zu gehen und mehr über die Kulturgeschichte und die Volkskunde des Niederrheins zu erfahren? Dann folgt mir heute nach Kevelaer zum Niederrheinischen Museum. Hier erfahrt ihr nicht nur, wie der Niederrheiner damals gelebt, gearbeitet und gewohnt hat, sondern es werden garantiert auch eure Kindheitserinnerungen geweckt. Eines meiner Highlights hier: Die aktuelle Sonderausstellung der wohl berühmtesten Spielbausteine der Welt…

 

Mitten im Herzen der Wallfahrtsstadt Kevelaer liegt das Niederrheinische Museum direkt an der Hauptstraße zwischen zwei beliebten Einkaufsmeilen. Geparkt haben wir ganz in der Nähe am Peter-Plümpe-Platz und wenige Minuten später stehen mein Fotograf Malte und ich schon auf dem neu gestalteten Vorplatz des Museums, den Mechelner Platz. Hier treffen wir uns auch mit Museumsleiterin Veronika Hebben, die schon auf uns zukommt. „Ich hoffe, ihr habt unser Museum gut gefunden. Obwohl wir uns mitten in der Innenstadt befinden, wirken wir doch etwas versteckt. Aber durch die Neugestaltung des Platzes, der im letzten Jahr eröffnet wurde, herrscht hier wieder mehr Leben und der Museumsbau kommt ganz anderes zur Geltung“, freut sich Veronika. „Ein tolles Projekt, dass die Stadt umgesetzt hat. Auch die Kinder nutzen hier gerne den schönen Spielplatz und die begehbare Skulptur, wie man gerade sieht. Und im nächsten Jahr wird es hoffentlich auch etwas grüner drum herum.“

Heiraten im Adelszimmer

„Ich zeig euch am besten das Museum erstmal von außen“, führt uns Veronika zur Hauptstraße. Durch eine gemütliche Gasse geht es vorbei am Restaurant Cumsalis zum alten Gebäudeteil des Museums, wo unsere kleine, private Führung beginnt. „Normalerweise startet der Besucher im Neubau, aber wir laufen einfach mal antizyklisch und beginnen quasi bei unseren Anfängen. Hier in dem Gebäude, das damals als Arztpraxis und auch mal als Gaststätte diente, zeigt heute das adlige, bürgerliche und bäuerliche Leben am Niederrhein.“ Besonders ins Auge fällt mir da das Adelszimmer, dass wir sogar komplett betreten dürfen, dank des magischen Schlüssels von Veronika. Es wirkt fast so, als ob die adlige Person, die hier gewohnt hat, nur mal kurz das Zimmer verlassen hat und als wäre man ein Teil dieser Geschichte. „Seit 2019 kann dieses Zimmer sogar für standesamtliche Trauungen genutzt werden und erfreut sich immer größerer Beliebtheit, weil es einfach mal was anderes ist“, erklärt die Museumsleiterin mir weiter. „Wenn deine Leser also gerade auf der Suche nach einer besonderen Trauungs-Location sind, können sie sich gerne bei uns melden.“

Geschichte hautnah erleben

Auch die anderen Räume, wie eine bäuerliche Küche, ein Arbeits- und Schlafraum, ziehen mich direkt in diese damalige Zeit. Insbesondere fasziniert mich aber der Tante-Emma-Laden, der sogar einen Ausschank in Form von Fässern hat. „Magenbitter war damals ganz wichtig, aber es gab auch Rum und Branntwein zu kaufen.“ Ein paar Räume weiter im neueren Teil des Museums, dem Quadrum, wecken besonders ein Friseursalon und ein Zahnarztstuhl mein Interesse. „Wir hatten sogar mal einen Aktionstag bei uns im Museum, bei dem Friseure hier Models im damaligen Stil frisiert haben, das ist auch bei unseren Besuchern super angekommen. Etwas gruseliger, aber genauso ein beliebtes Ausstellungsstück ist der alte Zahnarztstuhl“, lacht Veronika. Gruselig trifft es definitiv, denn mich erinnert dieser an einen schlechten Horrorfilm. Da weiß man doch direkt zu schätzen, wenn man das ganze „Werkzeug“ sieht, dass die Zahnarzttechnik heute viel weiter ist.

4.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche

„Wie euch ja schon aufgefallen ist, befinden wir uns gerade in unserem Neubau, der allein architektonisch gesehen, schon ein echtes Highlight ist. Allerdings sind die letzten Umbauten von 1995 und auch schon etwas in die Jahre gekommen. Deswegen arbeiten wir gerade mit Hochdruck daran, das Museum neu zu konzipieren. Das wird in verschiedenen Abschnitten passieren. Unter anderem arbeiten wir dann auch an der generellen Präsentationsform, aber auch an der Barrierefreiheit, vor allen Dingen im Altbau“, erklärt Veronika die weiteren Planungen. Aktuell gibt es im Niederrheinischen Museum eine Ausstellungsfläche von 4.500 Quadratmetern mit Dauer- und Sonderausstellungen. „Wir benötigen für die Planung einer Sonderausstellung mindestens ein Jahr. Zurzeit sind die nächsten fünf Jahre schon vorbereitet mit ein paar Lücken für besondere und aktuelle Highlights“, verrät mir Veronika auf dem Weg weiter durch die Ausstellung.

Niederrheinisches Handwerk

Vorbei an alten Haushaltsgegenständen, die früher aus Kuper, Messing, Bronze und Zink bestanden, nicht aus Plastik wie heute, könnt ihr auch die Geschichte der Keramik hier am Niederrhein verfolgen. „Die verrückten Motive aus den 50er- und 60er-Jahren sind ja heute wieder beliebt und Trend und von diesen schönen Stücken haben wir hier einige“, schwärmt Veronika. „Im 18. Jahrhundert waren dagegen sogenannte Irdenwaren beliebt, sehr wertvoll und handwerklich aufwendig gearbeitet, die siehst du hier hinten. Oft wurden sie zu Kriegszeiten und Unruhen eingegraben, um sie vor Zerstörung zu schützen.“

Die nächsten Ausstellungsflächen zeigen ein besonderes wichtiges Thema und beantwortet die Frage – wie haben die Menschen am Niederrhein gearbeitet und gewerkelt bzw. welche alten Handwerke gab es damals. Auch hier sehen die Werkstätten so aus, als ob er Bildhauer, der Goldschmied, der Schuster & Co. sie gerade verlassen haben. Das macht den Besuch hier, wie ich finde, deutlich lebendiger und attraktiver. Kurze Glasscheiben ermöglichen einen offenen Blick in das Arbeitsleben u.a. eines Küfers bzw. Fassmacher, ein Berufsfeld, den heute kaum noch jemand kennt. Auch mir war die Bezeichnung Küfer neu.

Kindheitserinnerungen werden wach

Nachdem wir die weiteren Ausstellungsthemen „Region“ und „Wallfahrt“ passieren, betreten wir einen der größten Räume hier im Niederrheinischen Museum mit einer riesigen Spielzeugsammlung u.a. aus den 70er-Jahren. „Die Sammlung ist eigentlich mehr als doppelt so groß“, erzählt Veronika. Neben Puppen und Stofftiere finden sich hier Autos & Co., die ich noch von meinen Großeltern kenne. Und ganz hinten sehe ich auf einmal ein historisches Klassenzimmer. Hier muss ich einfach mal Probesitzen. Ganz so bequem ist es zwar nicht, aber ich bin mittlerweile auch ein bisschen zu groß für die kleinen Stühle und Tische, aber kenne sie natürlich noch aus meiner frühen Kindheit. „Hier unterrichtet unsere Museumspädagogin Indra Peters auch tatsächlich Schulklassen und führt sie in die Schreibkultur der 1920er- und 1930er-Jahre ein – die Sütterlin-Schrift“, ergänzt sie. Und genau so einen Workshop bietet das Museum auch Erwachsenen und Kindern ab zehn Jahren in einem Workshop am 19. September um 11 Uhr an. Wenn ihr also auch Lust habt, die wunderschöne, alte deutsche Schrift zu erlernen, meldet euch schnell an. Im historischen Klassenzimmer finden dann die ersten Schreibversuche statt und in der historischen Kneipe werden diese mit Feder und Tusche perfektioniert. Bei dem Wort „Kneipe“ seid ihr auch hellhörig geworden, oder? 😉 Ich auch… und die besuchen wir als nächstes, bevor wir die beiden Sonderausstellungen entdecken. „Unsere Kneipe stammt vermutlich aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus Uedem und ist sogar funktionstüchtig. Bei einigen Veranstaltungen wird hier tatsächlich Bier gezapft“, bestätigt die Museumsleiterin.

Kunstvolles Porzellan & kleine Steine

Jetzt geht es als nächstes endlich zu den Sonderausstellungen, auf die ich mich schon sehr gefreut habe. Die eine umfasst eine private Sammlung von niederländischen und deutschen Fayencen, kunsthandwerklich hergestellter Keramik mit einer langen Geschichte, die noch bis zum 13. September gezeigt wird, und mein persönliches Highlight, die Sonderausstellung mit dem Titel „kleine steine – GROSSE IDEEN“. Hier wird die Geschichte von Lego von 1932 bis heute lebendig. Sämtliche Formen und Farben, unterschiedlichste Themenkomplexe, aktuelle Sets und völlig frei kreierte Szenen könnt ihr hier bestaunen. Neben dem Klassiker Lego City treffe ich auf eine ganze Star Wars-Welt und neben dem pastelligen Lego-Friends dürfen auch Superman, Harry Potter oder Sponge Bob nicht fehlen. An einem Schaukasten verweile ich aber am längsten, denn genau die gleichen „Sets“ hatte ich auch als kleines Kind. „Die kenn ich auch noch aus meiner Kindheit“, lacht Veronika. „Früher waren unsere Legosteine halt nur blau, grün, rot und gelb und es gab diese runden und spitzen Bäumchen.“ Wenn nicht spätestens nach dieser Ausstellung eure Kindheitserinnerungen geweckt werden, dann weiß ich es auch nicht. 😉 Nutzt also bis zum 18. Oktober diese tolle Chance.

Mein Fazit

Das Niederrheinische Museum ist nicht nur eines der größten Museumsbauten am Niederrhein, sondern bietet für jede Altersgruppe auch jede Menge Abwechslung. In Verbindung mit Workshops, wie der schon erwähnten Schreibwerkstatt, und vielen weiteren tollen Angeboten von Kinderführungen wie „Nachts im Museum“ oder diversen Aktionstagen hat es Museumsleiterin Veronika Hebben mit ihrem Team geschafft, einen Museumsbesuch spannend zu gestalten. Von Langeweile garantiert keine Spur!

Geöffnet ist das Museum täglich (außer montags) von 10 bis 17 Uhr und der Eintritt kostet vier Euro für Erwachsene und Kinder zahlen ab sechs Jahren nur 2,50 Euro.

Hier findet ihr weitere Infos zum Museum:

https://dev8.niederrhein-tourismus.de/museen/niederrheinisches-museum-fuer-volkskunde-und-kulturgeschichte-e-v-kevelaer

Und hier geht es zu einem coolen Erwachsenen-Workshop zur Lego-Sonderausstellung:

https://dev8.niederrhein-tourismus.de/nt-events/ausstellung-im-niederrheinisches-museum-kevelaer-2-2-2

 

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Über mich

Ich bin Nicole, freie Journalistin, waschechte Niederrheinerin und ganz verliebt in meine Heimat!

Ich möchte euch mit zu meinen Lieblingsplätzen nehmen, Menschen und Unternehmen vorstellen, die den Niederrhein ausmachen, von tollen Events berichten, euch interessante Insider-Tipps in Sachen Shopping, Restaurants & Co. geben und noch vieles mehr – ihr dürft gespannt sein!

Ich freue mich, wenn ihr mich auf meiner Reise durch den Niederrhein begleitet!

 

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